Raum existiert nicht als solcher / sondern erst durch symbolisches Bekleiden
Wenngleich meine händische, aufbauende Arbeitsweise mit Material mich zu einer Bildhauerin macht, so sehe ich mein künstlerisches Tun in der Tradition der Landschaftsmalerei: eine ästhetische, vom praktischen Nutzen losgelöste Wahrnehmung von Landschaft und Raum.
Angesichts eines steigenden Meeresspiegels, Sturmfluten, Überfischung, Massentourismus, spannungsgeladener Geopolitik usw. - ist mein heutiger Standpunkt in "der großen Natur" jedoch ambivalent und zu überprüfen.
Menschliche Signaturen und Eingriffe erzeugen und spiegeln Raumwahrnehmung. Was jedoch, wenn Stofflichkeit wie z.B. Sandboden, Wasseroberflächen oder Waldboden als Gegenüber begriffen werden? Ein Gegenüber, dem ich mittels künstlerischer Interventionen (ihm und mir) Gehör verschaffe.
“Der textilen Kunst gebührt der unbedingte Vorrang, weil
sie sich gleichsam dadurch als Urkunst zu erkennen gibt, dass
alle anderen Künste (...) ihre Typen und Symbole aus
der textilen Kunst entlehnen, während sie selbst in dieser
sich heraus bildet oder unmittelbar der Natur abborgt”
Gottfried Semper, Architekt (1803-1879)
“The absolutely priority is entiteld to the textile art,
because she gives us
to detect itself as it
were the source of all art...”
Gottfried Semper, Architect (1803-1879)
Textile Techniken als ästhetische Strategie | Textile Techniques as Artistic Strategy | Techniques textiles : stratégie esthétique |
Themenschwerpunkt meiner Arbeit ist das Textile (im Sinne von lat. "textere" = kunstvoll verbinden) als Sinnbild; dies setzte ich auf metaphorische als auch auf physische Weise ein. Ich erforsche dabei Gestaltformen, kulturgeschichtliche Bedeutungen und symbolische Transformationen von textilem Material und verwandten Texturen der Erde, Prozessen der Natur, des Menschen und der Zeit. Das textile Material als Schnittstelle zwischen meiner Person und meiner Umwelt ist ein weiches und flexibles Material, die Berührung vermittelt sinnliche Erfahrung, wie eine Haut, in die man sich einwickeln kann, ist anschmiegsam, bildet Raum und nimmt Gestalt an. Es bietet Schutz, Sicherheit und vermittelt durch seine Beweglichkeit die Anmutung von Lebendigkeit und Wachstum, während seine Fragilität und performative Eigenschaften an Prozesse des Lebens, Wandelbarkeit und Vergänglichkeit erinnern. Ich experimentiere mit diesen spezifischen Besonderheiten des textilen Materials und systemischen Techniken – wie reißen, knoten, wickeln, falten, pressen, komprimieren, drehen und zusammennähen – und entwickele daraus Konzepte als eine Form der Notation und Reflektion meiner Umgebung. So entstehen weiche tektonische Skulpturen und raumgreifende Visionen, die durch den Rhythmus meiner Hände, formerhaltende Verfahren, Zeit, Licht und Schatten gestaltet sind und zugleich Gedanken und Erinnerungen einen Ort geben. Sie fragen, enthüllen Räume, die zu ästhetischer Erfahrung einladen. | The main focal point in my work is the use of textiles as a symbol: metaphorically and physically. I research about textiles consensus and symbolic transformations between earth, nature, human being and time. Textile material - interface between my and my surrounding, is a soft and flexible material, its touch is an experience, like touching skin; taking nearly every shape and form, it adapts to all your movements and has undergone different metamorphoses. It provides protection and defence and an impression of liveliness and growth, while its fragility and performing quality remains us of change and transience. I experiment with different features of textiles and use techniques - like ripping, tying knots, twisting, folding, compressing, squashing, winding, sewing – to develop various concepts as a form of notation and awareness and my surroundings. In this way I create three dimensional shapes, soft tectonic sculptures and visions of space, which are formed by rhythmical movement of my hands, by light and shadow and shape-resist-dying. At the same time they offer a place for thoughts and memories. They aks, reveal spaces that invite aesthetic space and experience. | Le thème essentiel de mon travail est l’utilisation du textile pour point de départ. Je l’utilise de manière métaphorique et physique. J’en explore les transformations symboliques, ainsi que son interaction avec la terre, la nature, le temps et l’Homme. Le matériel textile - est un matériel doux et flexible, comme une peau, dont on peut s’envelopper. ll est souple, il fournit une expérience sensorielle, il prend forme et engendre un espace. Il offre une protection, une sécurité et, par sa flexibilité, il donne une impression de vie et de croissance, alors que sa fragilité et son essence rappellent les processus de la vie, leur caractère changeant et éphémère. J’expérimente les particularités propres à chaque matériau textile et les différentes techniques: déchirer, nouer, enrouler, plier, presser, comprimer, tordre, coudre. A partir de là, je développe des concepts de perception/notation et d’harmonie avec l’environnement. Des sculptures tectoniques douces et des visions d’espace prennent forme, organisant l’espace par le rythme de mes mains, par des procédés préservant la forme, par l’ombre et la lumière. Se crée alors un lieu pour la réflexion et les souvenirs. Elles véhiculent et transforment ce qui nous est familier, et elles demandent, révèlent des espaces invitant à des expériences esthétiques. © Veronika Moos |